Strömungsrettung
oder auch Rettung in und an schnell fließenden Gewässern
Die letzten Naturkatastrophen zeigen deutlich auf, wie groß der Bedarf an einer effektiven und gut ausgebildeten Einsatzkomponente für schnell fließende Gewässer ist. Sind es nun die Überschwemmungen an der Elbe oder Donau 2002, die Flutkatastrophen durch Unwetter 2005 in Kalifornien und 2021 im Ahrtal, globale Notsituationen wie der Tsunami Ende 2004 oder die Katastrophe in Japan – die modernen Rettungsdienste müssen darauf reagieren können.
Aber was haben eigentlich Überschwemmungen und Flutkatastrophen mit der Strömungs- oder Wildwasserrettung zu tun? Sehr viel sogar! Ein bislang ruhiger Bach oder Fluss kann bei einem Unwetter schnell zu einem reißenden Gewässer werden, in dem ein klassischer Motorrettungsboot-Einsatz nicht mehr möglich ist. In verschmutztem, mit Treibgut und versteckten Gefahren durchsetztem Gewässer kann (und darf) auch kein Rettungsschwimmer nach bisherigen Standards mehr eingesetzt werden.
Zur Historie: In den USA wurde frühzeitig die Notwendigkeit einer speziellen Ausbildung erkannt und schon 1979 der Begriff SRT (Swiftwater Rescue Technician) geprägt. Der Großteil der professionellen Rettung und Katastrophenhilfe liegt in Amerika in den Händen der Berufsfeuerwehr. Mittlerweile hat die National Fire Protection Association mit dem NFPA 1670 (eine Art amerikanischer Unfallverhütungsvorschrift ähnlich der GUV) einen Standard herausgebracht, nach dem Ausbildung und Einsatz der SRT stattfinden sollten.
Die DLRG Engen stellt sich auf die sich ändernde und vor allem immer stärker werdenden Umweltereignisse ein und baut seit dem Jahr 2009 eine eigene Einsatzeinheit, die sogenannten Strömungsretter, auf.
Einsatzarten
Wo werden die Strömungsretter benötigt?
Ein mögliches Aufgabengebiet eines DLRG-Strömungsretters (Voraussetzung: Die notwendige Ausbildung und Ausrüstung):
- Rettung von Menschen in Not aus schnell fließenden Gewässern (Flussrettung, Wildwasser, Hochwasser) im Rahmen von Einsätzen der Schnellen Einsatzgruppen, im Katastrophenschutz (KatS) oder in Kombination mit der Luftrettung.
- Unterstützung / Mitarbeit bei der Evakuierung und Rettung aus schlecht zugänglichen Überschwemmungsgebieten (ein Einsatz mit Hubschrauber ist beispielsweise nicht möglich, ein Bootseinsatz zu gefährlich). Hier wird verstärkt mit technischen Hilfsmitteln (Greifzügen, Seilbrücken) - auch in Zusammenarbeit mit THW / Feuerwehr - gearbeitet.
- Sucheinsätze an und in Fließgewässern inkl. Absicherung der Einsatztaucher
- Absicherung von Sportveranstaltungen, wie z.B. Kajak-Wettkämpfe
- Rettung und Bergung aus schlecht zugänglichen Klammen und Schluchten, beispielsweise Canyoning-Ausflügler in Notlagen.
Ausbildung
Die sich verändernden Anforderungen wie Flutkatastrophen oder Tsunamis erfordern nicht allein den „Rettungsschwimmer in Badehose“, sondern gut ausgebildete Einsatzkräfte, die auf die verschiedensten Einsatzsituationen flexibel reagieren können. Um dem gerecht zu werden wurde in der DLRG, aufbauend auf dem Wasserrettungshelfer, das Ausbildungskonzept des Strömungsretters entworfen.
Der Strömungsretterlehrgang besteht aus einem umfangreichen, dreistufigem Ausbildungskonzept. Als Strömungsretter I erlernt man die Grundlagen für die Wildwasser- und Hochwasserrettung, dieser Kurs ist als Ergänzungslehrgang zum Wasserrettungsdienst zu sehen. Darauf aufbauend werden im Lehrgang zum Strömungsretter II Rettungstechniken vertieft und erweitert. Darüber hinaus gibt es weitere Spezialausbildungen. Der Strömungsretter III beinhaltet die Ausbildungs- und Prüflizenz für die darunter liegenden Stufen.
Ausrüstung
Unterschieden wird hier zwischen der persönlichen Schutzausrüstung eines Strömungsretters und dem dazugehörigen Material / Ausrüstung für die technische Rettung.
Die PSA der Strömungsretter, um sich vor den Gefahren in schnell fließenden Gewässern zu schützen:
- Neoprenanzug, Neoprenhandschuhe und Neoprenschuhe (festes Schuhwerk)
- Wildwasserhelm
- Wildwasserweste mit Panikverschluss
- Messer oder Schere
- Wurfsack
- Signalpfeife
Hinzu kommt, je nach Einsatzart, weiteres Material zur technischen Rettung:
- Statik- und Dynamikseile (mind. 50 m)
- HMS-Karabiner
- Stahlkarabiner
- Abseil-Achter
- Seilrollen, Seilklemmen
- Bandschlingen, Reepschnüre
- zusätzliche Wurfsäcke
- Spineboard
- Raft (Wildwasserboot)
- Klettergurte
- Abseilgeräte
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